2016-01-07

Mein Rezept für 2016: Frühzeitig und häufig kollabieren!

Tony Futura
[My Prescription for 2016: Collapse Early and Often]

[Ma prescription pour 2016 : Effondrez-vous rapidement et souvent !]

Wir befinden uns in der Zeit des Jahres, in der die meisten vernünftigen Tiere in nördlichem Klima in Höhlen oder in hohlen Baumstämmen Winterschlaf halten, während die etwas weniger vernünftigen Strategen ihre Voraussagen für das künftige Jahr bekannt machen. Meine Voraussage ist immer die selbe: Es wird alles mehr oder weniger wie bisher weitergehen, bis etwas Größeres zusammenbricht, wobei die Wahrscheinlichkeit, daß etwas Größeres zusammenbricht, von Jahr zu Jahr zunimmt. Ein derartiges Geschehen habe ich "Kollaps" genannt, und ich habe Jahr für Jahr vorausgesagt, daß es bei Gelegenheit eintreten wird. Um also diese wenig hilfreiche Voraussage nicht noch ein weiteres Mal zu wiederholen, werde ich stattdessen diesmal ein Rezept anbieten.

Ich vermute, daß nicht allzuviele Menschen bereit sein werden, meinem Rezept zu folgen; nicht allzuviele meiner Familien-Mitglieder, noch Freunde, noch Bekannten, noch allzuviele, die diesen Text lesen. Und das ist prima, denn, wie ich immer wieder erkennen mußte, in einer großen Anzahl liegt keine Stärke. Ganz im Gegenteil: Die Wahrscheinlichkeit, daß irgendein Trick funktionieren wird, ist umgekehrt proportional zur Anzahl der Versuche, ihn anzuwenden, und zur Anzahl der Menschen, die versucht haben, ihn zu benutzen. Wenn Sie dies also vor sich hin lesen und sich dabei denken: "Das kann ich unmöglich tun, weil (hier bitte eine lahme Entschuldigung einfügen)!", dann ist das auch gut! Sogar prima, was mich betrifft. Je weniger Menschen, desto mehr Sauerstoff.

Und das gilt für die wenigen Menschen, die es überhaupt für nötig erachten, diesen Text zu lesen. Sehr viel mehr Menschen werden ihn überhaupt nicht lesen wollen, weil - welcher Kollaps? Die Spritpreise sind niedrig, Obama hat die meisten Kriege beendet, die Wirtschaft ist wieder stark genug, daß die Fed anfangen konnte, die Zinsen anzuheben, und wenn erst Bernie Trump ins Weiße Haus einzieht, wird alles Übrige auch in Ordnung gebracht. Für Menschen, die so denken, sieht die Sache so aus: Man muß jemandem wie mir, der schon vor einer ganzen Weile den Kollaps vorausgesagt hat, und der also klar Unrecht hatte, nicht folgen - man muß ihn zum Psychiater schicken. Nochmal: Prima, was mich betrifft, bis die Tage und vielen Dank für den Schwachsinn.

Die Gründe, warum das alles Schwachsinn ist, sind die folgenden:

• Die Spritpreise sind niedrig, weil hohe Ölpreise die Wirtschaft zum Absturz gebracht haben. Nun zerstören wiederum die niedrigen Ölpreise die nordamerikanische Ölförderung, die nur wegen des Fracking und der Teersände neue Lebenszeichen zeigte - beides teuer in der Produktion und nur sinnvoll, wenn die Ölpreise hoch sind. Seien Sie ganz unbesorgt, die Preise werden wieder steigen und dann wieder fallen, bis am Ende Erdöl als giftiger Abfall betrachtet werden wird. Vor einem Jahr habe ich genau dieses Szenario beschrieben.

• Die Kriege sind vorbei, weil sie so gut wie alle mit einer Niederlage der USA geendet haben. Kein einziger erreichte irgendwelche der erklärten Ziele. Jetzt werden manche aufspringen und darzustellen versuchen, daß die erklärten Ziele garnicht die wirklichen Ziele gewesen seien, nämlich Chaos und Zerstörung zu säen aus Spaß am Zerstören und zur Bereicherung der Militär-Lieferanten. Auch das ist prima, denn derartige "wirkliche" Ziele stimmen mit dem Kollaps des Imperiums überein: Das Imperium will eine kostbare Vase stehlen; stattdessen zerbricht das Imperium die Vase; Erfolg! Außerdem ist es so, daß die Ziele garnicht mehr von Belang sind, was immer sie auch sein mögen, denn inzwischen können sie sowieso unter keinen Umständen mehr erreicht werden. Die neuen russischen / chinesischen / indischen / syrischen Waffensysteme, z.B. die S-300/400/500 Luft- und Weltraum-Verteidigungssysteme, die "Kalibr" Überschall-Langstrecken Cruise-Missiles, zusammen mit verschiedenen elektronischen Waffen-Systemen wie etwa "Khibiny", haben die meisten Militärkräfte der USA obsolet gemacht. Sie können zwar sagen, Niederlage sei Sieg, aber, wie ich vor zwei Jahren erklärt habe,
das ist sie nicht. Den Großalarm bitte abstellen und das nächste Trockendock anlaufen!

• Die Fed täuscht vor, die Zinssätze anzuheben, um den Eindruck zu vermeiden, daß sie die Kontrolle verloren haben. Und das ist nicht die einzige Art von Täuschung, die in der Finanz-Arena versucht wird, es gibt noch eine Menge mehr davon. Die US-Wirtschaft wächst nicht, und wenn man den Effekt der außer Kontrolle geratenen Schulden abzieht (die niemals zurückgezahlt werden können, egal was für ein Szenario Sie für wahrscheinlich halten), dann schrumpft sie tatsächlich. Genauer gesagt: Die US-Wirtschaft saugt ein, was sie nur kann, um den Kollaps zu vermeiden. Sie ist ein schwarzes Loch, wie ich es vor einem halben Jahr beschrieben habe.

• Zum Thema "Bernie Trump wird uns retten": Inzwischen haben die meisten klar verstanden, daß die USA keine Demokratie mehr sind. (Vielleicht waren sie es in einer märchenhaften Vergangenheit, vielleicht nicht - das ist ohne Belang.) Betrachten Sie diese Frage als entschieden. Jeder der denkt, es sei immer noch möglich, einen Wandel zum Guten in den USA durch Wählen zu bewirken, ist ein Verschwörungstheoretiker der übelsten, illusionistischsten Sorte.

* * *


Es gibt einige allgemeine Eigenschaften von Kollapsen, die es sich zu merken lohnt.

1. Alles, was kollabieren muß, wird es früher oder später tun. Alle Imperien kollabieren - ohne Ausnahme. Alle Gebäude kollabieren - wenn sie nicht vorher abgerissen werden.
Alle Schneeball-Systeme - wie zum Beispiel unser gegenwärtiges Finanzsystem, das auf außer Rand und Band geratenen Schulden basiert - kollabieren dann, wenn Sie es am wenigsten erwartet hätten. Hat man erkannt, daß Kollapse nicht optional sind, so ist es sinnvoll, sich an die Idee zu gewöhnen, daß es Kollapse geben wird - und zu lernen das Beste aus ihnen zu machen. Manche Menschen, die über diese Dinge nachdenken, bekommen kummervolle Mienen. Aber, wie ich bereits dargestellt habe: Der Kollaps ist der schlechteste Zeitpunkt für einen Nervenzusammenbruch, also werden Sie mit dem Heulen bitte vorher fertig!

2. Manche Kollapse sind sogar gut für Sie. Manche richtig wichtigen Dinge könnten gerettet werden, wenn nur das jeweilige weniger wichtige Ding, das zu ihrem Kollaps führen könnte, rechtzeitig vorher kollabieren würde. Beispielsweise, falls die Zivilisation in Bälde kollabieren sollte, würde das einen Kollaps des Ökosystems vermeiden helfen, so daß, wer auch immer zu den Überlebenden zählt, zum Atmen geeignete Luft und ein zum Überleben geeignetes Klima vorfinden würde. Und wenn die gigantische Blase der menschlichen Bevölkerung des Globus, die zusammen mit dem Verbrennen fossiler Brennstoffe angeschwollen ist, platzen sollte, bevor der Planet in eine riesige, schwelende Müllkippe verwandelt wird, dann hätten die Überlebenden eine vernünftige Chance, daß es weiter geht.

4. Größere Kollapse sind häßlicher als kleinere. Zum Beispiel, wenn es viele kleine lokale Banken und Sparkassen gäbe, die Leuten Kredite geben, die sie dann nicht zurückzahlen können, dann würde eine große Anzahl dieser Banken und Sparkassen kollabieren, versicherte Kontoinhaber würden ausbezahlt, faule Kredite würden abgeschrieben - und das ganze System würde sich mit der Zeit wieder erholen. Aber wenn man eine Handvoll gigantischer Banken und Finanz-Institutionen hat, in deren Büchern fast alle faulen Kredite stehen, und wenn diese Handvoll gleichzeitig ins Wanken gerät, dann bricht das ganze System zusammen. Rettet man diese Giganten, dann wird das ganze System auf der Intensivstation bleiben, weil nun niemand einen Anreiz verspürt, das Schaffen fauler Kredite einzustellen, weil jeder erwartet, immer und immer wieder gerettet zu werden.

4. Häufige Kollapse sind besser als seltene. Das ist deshalb so, weil die Dinge - seien es Bevölkerungen, Schneeball-Systeme, Wirtschaftssysteme, Städte oder Imperien - wenn sie nicht regelmäßig kollabieren, die Neigung haben, zu groß zu werden. Und wenn sie zu groß werden, wird ihr Kollaps (der unvermeidlich ist, siehe oben, Punkt 1) größer, was ihn schlimmer macht (siehe Punkt 3 direkt vor diesem Punkt). Mehr noch, häufige Kollapse der nicht-fatalen Art können sogar gut für Sie sein (siehe Punkt 2).

Einige Beispiele:

• Wenn das Stromnetz ab und zu kollabiert, werden Sie mit der Zeit lernen, daß Sie ein 12-Volt-System benötigen, einen Generator, einige Solar-Paneele, ein Windrad - und daß Sie LED-Licht installieren müssen.

• Wenn der Wasserdruck immer mal wieder auf Null absinkt, werden Sie lernen, daß Sie Zisternen bauen müssen, ein Filtersystem benötigen und eine Wasserpumpe - und daß Sie Wasser vom Dach sammeln müssen.

• Wenn die Müllabfuhr immer mal wieder zeitweise nicht kommt, werden Sie lernen, Müll zu verbrennen und zu kompostieren - und Sie werden versuchen, so wenig nicht-kompostierbaren Müll zu verursachen wie möglich.

• Wenn bezahlte Arbeit öfters zeitweise nicht zu finden ist, so werden Sie lernen, Ersparnisse für ein paar Monate auf die hohe Kante zu legen, um solche Perioden durchstehen zu können.

• Wenn die Läden fast regelmäßig immer mal wieder keine Lebensmittel da haben, dann werden Sie lernen, selbst Lebensmittel anzubauen, im Hinterhof Hühner zu halten - und auszurechnen, wieviele Beete für extensiven Kartoffelanbau Sie benötigen.

• Wenn die Banken periodisch Ihr gesamtes Geld konfiszieren (was man "Bail in" nennt, und was vor nicht zu langer Zeit legalisiert worden ist), dann werden Sie lernen, nur ein absolutes Minimum an Geld auf der Bank zu haben - und Sie werden andere, verläßlichere Formen ersinnen, Ihre Ersparnisse aufzubewahren.

• Wenn Sie sich immer wieder mal für eine Zeit von der medizinischen Versorgung abgeschnitten sehen sollten, dann würden Sie Wege finden, gesund zu bleiben - und Wege der Eigenbehandlung.

• Wenn Sie es Ihnen immer mal wieder unmöglich wäre, Treibstoff zu kaufen, würden Sie lernen, daß Sie sich auf Ihr Auto nicht verlassen können - und Sie würden statt des Autos das Fahrrad benutzen, oder zu Fuß gehen, oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren.

• Wenn die Regierung Ihres Landes immer mal wieder faschistisch würde and anfinge, Menschen wahllos in Gewahrsam zu nehmen, zu foltern und zu ermorden, würden Sie lernen, daß Sie einen zweiten Paß benötigen, und Übung darin, Ihr Land bei Bedarf sehr schnell zu verlassen.

Dies sind alles Beispiele für kleine, häufige Kollapse, die gut für Sie sind.

Aber irgendwie scheint es nicht so, als ob derzeit jeder nach derartig guten Lösungen streben würde, wenn ich nicht irre. Wonach jeder strebt, das ist das Vermeiden aller dieser kleinen, häufigen, nicht-fatalen Kollapse. Das, obwohl derartiges Streben in direktem Widerspruch zu obigem Punkt 1 steht: "Alles, was kollabieren muß, wird es früher oder später tun." Weit davon entfernt, daß derartige Taktiken Kollapse verhindern würden, garantieren sie einen einzigen, gigantischen, katastrophalen Kollaps, der sich sehr leicht als fatal für riesige Mengen von Menschen erweisen kann. Aber das ist in Ordnung: Siehe Punkt 2: Wenn "die gigantische Blase der menschlichen Bevölkerung... platzt, bevor der Planet in eine riesige, schwelende Müllkippe verwandelt wird, dann wird es für die Überlebenden eine vernünftige Chance geben, daß das es weiter geht."

Also, was tun, wenn Sie danach trachten, einer dieser wenigen Überlebenden zu sein, die eine vernünftige Chance haben, daß es weiter geht?

Mein Rezept ist einfach: Frühzeitig und häufig Kollabieren!