2016-01-12

Finanz-Kollaps führt zum Krieg

[Financial collapse leads to war]
[Финансовый крах приводит к войне]
[Les US échoueront même à échouer]
[Il crollo finanziario che conduce alla guerra]

[Dies ist die Wiederaufnahme eines Essays vom März letzten Jahres, dessen Zeit nun wirklich gekommen ist. Mit dem Beginn des neuen Jahres scheint auf den Finanzmärkten ein Gezeitenwechsel eingetreten zu sein: Statt wie sonst 'aufzuschmelzen', haben sie begonnen 'niederzuschmelzen'.]

Nimmt man die Schlagzeilen der westlichen Presse zusammen in den Blick, und wirft man danach einen prüfenden Blick durch den Einweg-Spiegel, um sie mit dem zu vergleichen, was tatsächlich geschieht, so bekommt man unweigerlich den Eindruck, daß die amerikanischen Propagandisten und alle ihre Mitläufer mit aller Macht darum kämpfen, Gründe für Kriege der einen oder der anderen Art zusammenzubrauen - sei es durch Waffenlieferungen in die weitgehend als Staat gescheiterte Ukraine, sei es durch US - Militär-Paraden in der fast vollständig russischen Stadt Narva in Estland, wenig hundert Meter vor der russischen Grenze, oder sei es durch das Unheil stiftende Entsenden von US - Militärberatern in Teile des Irak, die vorwiegend von militanten Islamisten kontrolliert werden.

Die angestrengten Bemühungen, eine Hysterie wie im kalten Krieg loszutreten gegenüber einem mit ganz anderen Dingen beschäftigten und im Wesentlichen passiven Rußland, erscheinen überhaupt nicht in Beziehung zu stehen zu der tatsächlichen militärischen Bedrohung, die Rußland darstellt. (Ja, es stimmt, Freiwillige und Munition sickern über die russische Grenze in die Ukraine ein, aber das ist es auch schon so ziemlich.) Weiter südlich fallen den USA ihre Versuche, die syrische Regierung zu stürzen, indem sie islamistische Radikale unterstützen und bewaffnen, bilderbuchartig auf die eigenen Füße. Aber das scheint inzwischen zu einem Grundmuster geworden zu sein, oder? Welche US - Militäraktion der jüngeren Geschichte hat nicht in einem Fiasko geendet? Vielleicht ist Scheitern nicht nur eine Möglichkeit, sondern eher ein Erfordernis?

Blicken wir einmal zurück. Afghanistan wird nach einem der längsten Militäreinsätze der US-Geschichte an die Taliban zurückgegeben. Der Irak existiert nicht mehr als souveräne Nation, er ist in drei Teile zerfallen, von denen einer von radikalen Islamisten kontrolliert wird. Ägypten ist demokratisch zu einer Militär-Diktatur reformiert worden. Libyen ist ein gescheiterter Staat mitten im Bürgerkrieg. Die Ukraine wird schon bald in einem ähnlichen Zustand sein; sie ist in Rekordzeit zum Armenhaus reduziert worden - in weniger als einem Jahr. Ein Umsturz hat vor kurzem dazu geführt, daß der Jemen nicht mehr US-freundlich ist. Näher an der Heimat klappt alles so hervorragend in den US-dominierten zentralamerikanischen Ländern Guatemala, Honduras und El Salvador, daß sie eine Flut von Flüchtlingen hervorgebracht haben, die alle versuchen, in die USA zu gelangen und dort irgendeinen Unterschlupf zu finden.

Betrachtet man diese beträchtliche Landschaft des Scheiterns, gibt es zwei Arten, sie zu interpretieren. Die eine ist die, die US - Apparatschiks für die inkompetentesten zu halten, die man sich vorstellen kann, Menschen, die aber auch wirklich nichts auf die Reihe kriegen. Aber eine andere Betrachtungsweise ist die, daß sie aus einem deutlich anders gearteten Grund keine Erfolge aufweisen können: Weil die Ergebnisse unwichtig sind. Sehen Sie, wenn Scheitern ein Problem darstellen würde, dann gäbe es irgendeine Art von Druck von da oder von dort im Establishment - und dieser Druck, Erfolge vorzuweisen, würde zu verbesserter Leistung und ab und an auch mal zu Erfolgen führen. Aber wenn Scheitern überhaupt niemanden stört, wenn es sogar einen gewissen Druck gäbe zu scheitern, dann würden wir genau das sehen, was wir in der Tat sehen.

Tatsächlich gibt es gute Gründe anzunehmen, daß das wirkliche Problem das nicht ausreichende Maß des Scheiterns ist. Diese Sicht würde das jüngste Säbelrasseln in Richtung Rußlands erklären und die Beschuldigung Rußlands, es habe imperiale Ambitionen (Rußland ist nicht an Territorial-Zuwachs interessiert), das Dämonisieren Vladimir Putins (der effektiv regiert und der populär ist) und das provokative Verhalten entlang der verschiedenen Grenzen Rußlands (das Rußland geringfügig beleidigt aber insgesamt unbeeindruckt hinterlassen hat). Man könnte argumentieren, daß alle früheren Opfer der US-Außenpolitik - Afghanistan, Irak, Libyen, Syrien, sogar die Ukaraine - zu klein sind, um eine solch große Portion Scheitern hervorzubringen, daß sie den amerikanischen Appetit auf Scheitern sättigen könnte. Rußland hat demgegenüber, insbesondere wenn es durch den Gedanken motiviert ist, einer neuen Art von Faschismus à la Amerika gegenüberzustehen, die Fähigkeit, der amerikanischen Außenpolitik ein Scheitern zu servieren, daß alles vorhergehende Scheitern ziemlich zwergenhaft erscheinen lassen könnte.

Analysten haben eine Vielzahl von Erklärungen für Amerikas hyperaktiven, ausufernden Militarismus geliefert. Hier sind die drei wichtigsten:

1. Die US-Regierung ist in Geiselhaft des militärisch-industriellen Komplexes geraten, der fordert, üppig finanziell ausgestattet zu werden. Kriegsgründe werden künstlich geschaffen, um dieses Ziel zu erreichen. - Es scheint aber irgendeine Art Druck zu geben, wirklich Waffen zu produzieren und Militär-Einheiten auf die Beine zu stellen, obwohl es doch sehr viel kostengünstiger wäre, vollständiges Rundum-Scheitern dadurch zu erreichen, daß man einfach alles Geld stiehlt und das Bauen von Waffensystemen gänzlich einstellt. Also muß es etwas anderes sein, das wirklich vorsichgeht.

2. Die Aufstellung des US-Militärs ist mit dem Ziel gestaltet, die Amerikaner ihrer eingebildeten "Rundum-Dominanz" über den ganzen Planeten zu versichern. Aber "Rundum-Dominanz" klingt irgendwie ein bißchen ähnlich wie "Erfolg", während wir tatsächlich Rundum-Scheitern sehen. Auch diese Erklärung paßt nicht zu den Fakten.

3. Die USA verfolgen mit ihrem militärischen Handeln das Ziel, den US-Dollar als globale Reserve-Währung zu verteidigen. Aber der US-Dollar verliert langsam aber sicher seine Attraktivität als Reserve-Währung, was man daran ablesen kann, daß China und Rußland mit großer Eile daran sind, ihre US-Dollar - Währungsreserven zu verkaufen und stattdessen ihre Goldreserven aufzustocken. Zahlreiche andere Nationen haben Regelungen miteinander getroffen, die die Verwendung des US-Dollars im internationalen Handel beenden. Tatsächlich benötigt man keinen gigantischen Militär-Apparat, um die eigene Währung durch die Toilette zu entsorgen - also noch einmal, hier muß irgend etwas anderes vorsichgehen.

Es werden noch viele andere Erklärungen angeboten, aber keine von ihnen erklärt die Tatsachen, daß das Ziel dieses ganzen Militarismus das Scheitern zu sein scheint.

Vielleicht würde eine ganz einfache Erklärung ausreichen? Was halten Sie von dieser:

Die USA haben ihre Souveränität an eine Clique von Finanz-Oligarchen verloren. Da die niemandem Rechenschaft schuldig ist, hat diese amerikanische (und bis zu einem gewissen Grade internationale) Oligarchie die Finanzen des Landes ruiniert, indem sie unglaubliche Schulden aufgehäuft hat, Ersparnisse und Pensionsrücklagen zerstört und die Währung entwertet hat - und so weiter. Das unausweichliche Ende dieses Spiels wird darin bestehen, daß die "Federal Reserve" (gemeinsam mit den Zentralbanken der "entwickelten Volkswirtschaften") die ganzen Staatsschulden mit extra für diesen Zweck gedrucktem Geld aufkaufen werden, was schlußendlich mit Sicherheit zu Hyperinflation und Staatsbankrott führen wird. Eine sehr spezielle Konstellation von Bedingungen hat diese Ereignisse bisher daran gehindert, stattzufinden, aber das bedeutet nicht, daß sie das nicht noch tun werden, weil sie das sind, was immer passiert, früher oder später.

Nun denn, lassen Sie uns also annehmen, daß eine Finanz-Oligarchie das Land unter ihre Kontrolle gebracht hat, und daß sie, unfähig den eigenen Appetit zu zügeln, das Land vor die Wand fährt. In diesem Falle wäre es sinnvoll, wenn die Oligarchie eine Art Notfallplan hätte für den Zeitpunkt, zu dem das ganze finanzielle Kartenhaus zusammenstürzt. Idealerweise sollte dieser Plan den unterdrückten Massen keinerlei Chance auf eine Revolte lassen, aber der Oligarchie ihre Sicherheit und den Fortbestand ihres Besitzes garantieren. Das kann man in Friedenszeiten erreichen, solange man die Bevölkerung mit Brot und Spielen befrieden kann, aber wenn Finanz-Problem zum Niedergang der Wirtschaft führen und Brot und Spiele knapp werden, dann ist Krieg eine naheliegende Lösung.

Jeder Grund für einen Krieg ist recht, seien es ausländische oder inländische Terroristen, das Große Böse Rußland, oder halluzinierte Aliens aus dem Weltraum. Militärischer Erfolg ist unwichtig, weil Scheitern sogar noch besser ist um die Ordnung aufrecht zu erhalten, denn das Scheitern macht es möglich, verschiedenst Notfall-Sicherheits-Maßnahmen durchzudrücken. Verschiedene Probeläufe, wie die militärische Besetzung Bostons nach einem vorgetäuschten Bombenanschlag beim Boston Marathon, haben bereits stattgefunden. Die Überwachungs-Infrastruktur ist vorhanden, und der teilprivatisierte Gefängnis-Industrie-Komplex ist schon bereit, alle Unerwünschten wegzusperren. Ein wirklich gigantisches Scheitern würde die besten Begründungen liefern, zu einer Kriegswirtschaft überzugehen, Kriegsrecht zu verhängen, abweichende Meinungen zu unterdrücken, "extremistische" politische Aktivitäten zu kriminalisieren und so weiter...

Und so ist genau dies vielleicht das, worauf wir uns einstellen sollten. Der Finanzkollaps ist Teil des Plans, also ist es nur eine Frage der Zeit, wann er kommt, als Vorläufer des dann folgenden Wirtschafts-Kollapses, der eintritt, wenn die globalen Lieferketten nicht mehr funktionieren. Man wird versuchen, den politischen Kollaps zu vermeiden, und die Art und Weise, wie man das versuchen wird, ist das Beginnen von so vielen Kriegen wie nur möglich, um massive Rückschläge, massives Scheitern hervorzubringen, das dann als Rechtfertigung für alle möglichen Arten von "Notfall-Maßnahmen" herhalten wird, die alle ein Ziel haben: Rebellionen zu unterdrücken und die Oligarchie an der Macht zu halten. Außerhalb der USA wird das so aussehen, als würden die Amerikaner alles in die Luft jagen: Länder, Dinge, Unbeteiligte Passanten, sogar sich selbst (denn, wie ich höre, funktioniert selbst das). Blickt man von außen in Amerikas Halle voller Einweg-Spiegel, wird es aussehen wie ein wahnsinnig gewordenes Land; aber so sieht es ja eigentlich auch jetzt schon aus. Und von Innen betrachtet wird es aussehen wie tapfere Verteidiger der Freiheit, die unerbittliche Feinde rund um den Globus bekämpfen. Die meisten Leute werden unterwürfig bleiben und nur mit ihren kleinen Fähnchen winken.

Aber ich besitze die Kühnheit darauf zu tippen, daß an irgendeinem Punkt das Scheitern in Meta-Scheitern übergehen wird: Amerika wird daran scheitern zu scheitern. Ich hoffe, daß es etwas gibt, das wir tun können, damit dieses Meta-Scheitern des Scheiterns zu scheitern eher früher als später eintritt.