2010-11-21

Aber was ist eine „Gemeinschaft“?

[But what is "Community"?]
[А что такое “комьюнити”?]

[Dies ist ein weiterer Gastartikel von Evgeniy den er als Reaktion auf meinen Artikel "How (not) to Organize a Community" geschrieben hat. Er stellt eine, für einen Russen, offensichtliche Frage: "Wie man WAS BITTE (nicht) organisiert?" Denn sehen Sie bei genauer Betrachtung erscheint das englische Wort Community (Gemeinschaft) recht bedeutungslos. Englischsprachige gehen davon aus das sie genau wüsste was es bedeutet wenn sie es benutzen, aber einem Russen der versucht es zu übersetzen bleibt nur diese Liste: Gesellschaft, Vereinigung, Ortsteil, Bezirk, Herberge, Bundesland, Bevölkerung, Anwohner, Gemeinschaftsbesitz." Man könnte glauben das "Gemeinschaft" nur eine schwulstige und aufgeblasene Umschreibung für "Leute" ist. Genau wie die Pflegekinder amerikanischer Nannys (Verzeihung, "Tagespflege-Spezialistinnen"), "Aktivitäten nachgehen" anstatt zu "spielen", wie normale, nicht-Roboter Kinder. Wie konnte ich so etwas übersehen? "Weil Du auf Idioten hörst", meint zumindest meine Frau. Wie auch immer, es war gut von Evgeniy mich davon zu überzeugen.]

Ich habe gerade deinen Artikel über die Unterschiede der "komyooniti" gelesen. Als ein Sprachforscher frage ich dich nun, was wäre die beste Russische Entsprechung für dieses Wort?

2010-09-13

Die Zukunft wird zweitklassig

[The Future is Rated “B”]
[Un futuro da serie “B”]

Meine ausufernde Fanpost hat mir etwas Seltsames klar gemacht: viele meiner Leser scheinen überzeugt das die Zukunft entweder wie Mad Max oder wie Waterworld aussieht. Wenn es nach ihnen geht gibt es keine anderen Optionen. Dazu kommt das einige Leute versucht haben, zu deuten welche der beiden es wird, indem sie mich dabei beobachten was ich tue. Ich lebe auf einem Boot, und das ist offenbar ein Hinweis, dass die Zukunft Waterworld-artig sein muss. Aber ich wurde auch dabei gesehen wie ich auf einem klapprigen alten Motorrad durch die Stadt fahre, und das wird als Zeichen gewertet, dass die Zukunft mehr wie in Mad Max wird.

Es betrübt mich das so wenige Leute den Film Blade Runner ansprechen, und noch trauriger ist, dass George Lucas THX 1138 oder Jean-Luc Godards Alphaville so gut wie nie erwähnt werden, denn genau diese Filme waren in vielerlei Hinsicht prophetisch hinsichtlich der Gegenwart, nicht nur der Zukunft. In THX 1138 zum Beispiel, leben die Leute in einer abgeschirmten, klimatisierten Umwelt, sind auf einer zwangsverordneten Diät psychoaktiver Drogen, ihre Partner werden ihnen von einem Computerprogramm zugewiesen und sie sehen Pornografie die ihnen direkt in ihr Wohnzimmer eingespielt wird, um sich dabei nach der Arbeit zu entspannen. Wenn sie sich weigern ihre Drogen zu nehmen werden sie von roboterartigen Polizisten mit elektrischen Viehtreibern misshandelt. Als einer von ihnen die Wildnis entflieht stellt sich heraus, dass die Polizei nicht das erforderliche Budget hat um ihn wieder einzufangen. Das mag 1971, als Lucas den Film drehte, ein bisschen exotisch und futuristisch geklungen haben, aber heute beschreibt es die Menschen die um die Ecke wohnen. Alphaville hingegen erinnert mich grob an die interessanteren meiner Geschäftsreisen.

2010-08-10

Das Streben nach Elend

[Misrable Pursuits]

Während ich dies schreibe, bin ich unterwegs nach Washington zu einer Konferenz - einer Konferenz (unterstützt von der Community Action Partnership) zum Thema "Die neue Realität: Wie sich das arme Amerika einstellt auf kommende härtere Zeiten". Auf dem Programm stehen Diskussionen über Erwerbstätigkeit, Ernährung, Wohnverhältnisse, Gesundheitswesen, Sicherheit, Bildung, Transportwesen, und sogar solche gefühligen (touchy-feely) Themen wie Gemeinschaftszusammenhalt (community cohesion), Kommunikation und - last but not least - vor der Cocktailpause: Kultur. Die Empfehlungen dieser Konferenz werden in einen Bericht eingearbeitet und die Schlussfolgerungen auf der jährlichen CAP-Konferenz noch diesen Monat präsentiert werden.

Das arme Amerika wird möglicherweise ein Land sein mit nur wenigen guten Jobs, mit scheußlichem Essen, mit heruntergekommenen Wohnungen, mit einem unerschwinglichen Gesundheitswesen, mit einer beklemmenden, aber dennoch unwirksamen inneren Sicherheit, mit einem Bildungsprogramm vollgestopft mit Dinosaurier reitenden Jesussen (Jesuses), mit einem Verkehrswesen bestehend aus abgetakelten Kleinlastwagen und Straßen voller Schlaglöcher, mit nicht viel mehr Gemeinschaftszusammenhalt als momentan und mit einer Kommunikation, die immer noch dominiert sein wird von den unternehmenseigenen Medien.